Musikkapelle Calfosch-Corvara
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es eine "Kotzmusik", die von Dorf zu Dorf wanderte. Nach dem Krieg kamen auch von anderen Dörfern Musikanten zur Aushilfe. Man weiß zum Beispiel, dass 1922 anlässlich der Weihe der Kirchenglocken in Kolfuschg gespielt wurde. So trafen sich einige Musikanten auch bei anderen Festen, um diese zu verschönern und ihnen einen festlicheren Ton zu verleihen.
Erst im Jahre 1927 begann man, ernsthaft an die Gründung einer Musikkapelle zu denken. Pire Pitscheider befand sich schon seit einigen Jahren als Tischlerlehrling in Gröden und spielte bei der Musikkapelle von St. Ulrich mit. Dort lernte er Giovanni Mahlknecht kennen und bat ihn, ihn nach Kolfuschg zu begleiten, um dort eine Musikkapelle zu gründen. Mahlknecht stimmte zu. Als Belohnung wünschte er sich Zirbenholz für ihn und seinen Lehrling. Diese Zirben wurden von der Gemeinde Kolfuschg gespendet und in "Sopiz" von den Musikanten gefällt. Zirben wurden auch für den Kauf der Instrumente gefällt. Mahlknecht blieb den ganzen Winter hindurch in Kolfuschg. Anfangs probte man jeden Abend (zwei Tage alle gemeinsam, ansonsten getrennt) in einem Lokal in der Feuerwehrhalle. Gespielt wurde anlässlich der Kirchenfeste. Da Kolfuschg Pfarrei war und Corvara nur Kuratie, und die wichtigsten Kirchenfeste deshalb alle in Kolfuschg gehalten wurden, spielte man nur in diesem Dorf. Anlässlich der großen Feste brachte Mahlknecht einige Musikanten aus Gröden zur Aushilfe mit. Später übernahm Sepl Posch die Aufgabe des Kapellmeisters bis 1938 und Mahlknecht übersiedelte nach St. Kassian.
Unter dem Faschismus mussten alle Stücke, die einen deutschen Namen trugen, ins Italienische übersetzt werden. So wurde zum Beispiel aus "Hoch auf der Zugspitze" "Sulla punta del Zug" oder aus "Mir sein die lustigen Holzhockerbuam" "I spaccalegna". Bei jedem Spiel musste ein Schild mit dem Namen des Stückes aufgeschlagen werden und jedes Konzert musste mit der "Marcia reale" oder mit "Giovinezza" eröffnet werden.
1933 hatte die Musikkapelle Kolfuschg-Corvara die Ehre, die "Marcia reale" beim Besuch von Prinz Albert aus Savoyen zu spielen. Im Jahre 1938 musste die Musikkapelle ihre Tätigkeit aufgeben, da ihnen die Faschisten zu viele Steuern auferlegten - was mit Absicht geschah, da diese die Tiroler Musik nicht duldeten.
Im Jahre 1943 fingen einige Musikanten wieder an, im alten Geschäft von Paul Pescosta zu proben. Im Herbst 1945 nahm die Musikkapelle offiziell ihre Tätigkeit wieder auf. Pire Pitscheider und Sepl Posch unterrichteten die Musikanten. Außerdem lehrte Pater Giovanni Comploj das Notenlesen. In dieser Zeit wurde mehrmals im Hotel Sassongher und im Hotel Sport zum Tanz aufgespielt. Pire Pitscheider dirigierte, Giovanni Mersa unterrichtete das Marschieren und führte den Stab. Am 18. April 1947 spielte die Musikkapelle noch anlässlich der Beerdigung von Frau Trinele, der Gattin von Sepl Posch; anschließend gab es eine Übergangszeit, in der die Musikkapelle nur mehr bei Prozessionen auftrat.
Im Jahre 1955, ein Jahr vor der Priesterweihe von Pater Sepl Declara, bemühte sich Vincenzo Frena (Pfarrer von Kolfuschg), zu diesem Anlass die Musikkapelle unter seiner Leitung wieder zu gründen. Die Zeit war knapp, aber mit Hilfe von Don Vincenzo's Spruch "Ein Stück pro Monat" gelang das Unternehmen.
Nach der Priesterweihe blieb die Musikkapelle noch einige Jahre unter seiner Leitung bestehen. Im Jahre 1959 übernahmen Pire Pitscheider und Sepl Posch wieder die Führung, aber bereits im Jahre 1960 wurde alles wieder fallen gelassen.
Im Jahre 1962 versprachen Mersa de Iocl und Franzl Costa jedem Musikanten 5000 Lire, falls sie es schaffen würden, einige Stücke bei der Erstkommunion zu spielen. Und so kam es, dass Mersa de Sorà es wirklich zustande brachte, einige Musikanten zu finden, die unter der Leitung von Willy Pitscheider auftraten.
Der größte Antrieb kam von Rudi Granruaz. Er brachte viele Instrumente aus Gröden mit, andere wurden gekauft. Sofort kümmerte man sich darum, einen Raum im Untergeschoss der Schule zu mieten, der von den Musikanten selbst eingerichtet und getäfelt wurde.
Da der damalige Proberaum für den Schulunterricht benötigt wurde, zog die Musikkapelle im Jahre 1972 in die Stube von Pitscheider. 1973 zog man ins Haus der Raiffeisenkasse, bevor man einen Raum im Kindergarten von Corvara erhielt.
Von 1962 bis 1973 dirigierte Willy Pitscheider mit einem Jahr Zwischenpause. Im Jahre 1974 spielte die Musikkapelle nicht, und 1975 - unter der Leitung des Obmannes Rudi Granruaz und des Dirigenten Willy Pitscheider - nahm man das Spielen wieder auf; die ersten Stücke wurden anlässlich der Hochzeit von Konrad Irsara vorgetragen.
Im Jahre 1976 nahm man am ersten Treffen der Musikkapellen des Gadertales in Oies teil. Nach diesem Treffen beteiligte sich die Musikkapelle Kolfuschg-Corvara regelmäßig an allen Festen der Gadertaler Musikkapellen, auch an der Bandaufnahme des "Inn Ladin" im Jahre 1991. Im Sommer 1978 übernahm Jan Willeit die Leitung.
Zwischen 1977 und 1978 gesellten sich sehr viele Jugendliche dazu, die die Musikkapelle stark veränderten. Die Kapelle war in dieser Zeit von 20 auf 40 Mitglieder angewachsen. Natürlich war es ein großes finanzielles Opfer, allen neuen Mitgliedern eine Tracht und ein Instrument zu kaufen, aber diese Investition lohnte sich, denn von jenem Augenblick an erschienen die Jugendlichen in der Musikkapelle Kolfuschg-Corvara sehr zahlreich.
Am 23. August 1980 spielte die Musikkapelle zu Ehren des Präsidenten der Republik Sandro Pertini in St. Kassian anlässlich des Festes der über 60jährigen Bergführer.
Noch im Jahre 1980 erreichte Walter Costa als erster Musikant der Musikkapelle Kolfuschg-Corvara das Leistungsabzeichen für das Musizieren. Seit 1982 wurden in Corvara die Konzerte der Musikkapelle auf der neuen Bühne des Gemeindeplatzes abgehalten; doch im Jahre 1991 erwies sich diese als zu klein, denn es waren mehrere neue Musikanten hinzugekommen und die Abteilung für die Schlaginstrumente brauchte mehr Platz, da neue Pauken und ein Glockenspiel dazugekauft worden waren.
Am 26. August 1983 fand die Beerdigung des Gründers der Musikkapelle, Pire Pitscheider, statt. Im Jahre 1984 wurde die Leitung der Musikkapelle an Konrad Irsara (Obmann) und Franco Pizzinini (Kapellmeister) übergeben. Im gleichen Jahr bekam die Musikkapelle einen Pavillon in Kolfuschg und seit 1990 besitzt sie ein ordentliches Statut.
1996 übergab die Gemeinde der Musikkapelle einen neuen Raum in der Schule von Corvara, wo auch heute noch geprobt wird.
Im Zeitraum zwischen 1997 und 1998 änderte sich die Führung der Musikkapelle: 1997 wurde Othmar Costabiei neuer Obmann und 1998 übernahm Gerhard Mohr die Kapellmeisterstelle. Beide gehören heute noch zum Vorstand der Musikkapelle.
Unsere Musikanten sind nebenbei in mehreren kleineren Gruppen tätig, die jedoch nicht als offiziell gelten und meist nur für bestimmte Anlässe zusammengestellt werden. Die Alphorngruppe und die Böhmische organisieren wir für Umzüge, Heimatabende, Wiesenfeste usw. Deren Zusammensetzung variiert jedoch von Auftritt zu Auftritt.
Im vergangenen Herbst [2003] haben wir die Musikkapelle in verschiedene kleinere Gruppen und Ensembles aufgeteilt, die bei Gottesdiensten, Adventfeiern und Gesellschaftsabenden spielten. Dies war für uns Musikanten sehr lehrreich und hat unsere Motivation und Kameradschaft enorm gestärkt. Eines der beiden Holzbläserquintette, die aus diesem Anlass entstanden sind, setzt seine Tätigkeit unter der Leitung unseres Hornisten Michael Pescolderung regelmäßig fort und hat außerdem am 4. Landeswettbewerb "Musik in kleinen Gruppen" des Verbandes Südtiroler Musikkapellen mit Erfolg teilgenommen.
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mk-calfoschcorvara.org/
Kontakt: mk-calfoschcorvara@rolmail.net