Musikkapelle Prissian
Die im Gegensatz zu anderen Südtiroler Musikkapellen noch relativ "junge" Musikkapelle von Prissian wurde im Frühherbst 1957 gegründet. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Gründungsmitglieder bei der Musikkapelle im Nachbardorf Tisens (gegründet im Jahre 1816) aktiv tätig, von der man sich aus verschiedensten Gründen (kleinere und größere Spannungen innerhalb der Kapelle) trennte um eine eigene, selbstständige Musikkapelle auf die Beine zu stellen. Man war in Prissian fest davon überzeugt, dass man über genügend Personal verfüge, um eine eigene Kapelle zu gründen. Die Tisner Musikkapelle erhob darauf den Vorwurf, man gefährde leichtfertig, was man bis in zu diesem Zeitpunkt gemeinsam in Tisens aufgebaut hatte. Sogar der damalige Dekan Hochwürden Johann Kerschbaumer ( 1998) äußerte sich kritisch über die Sinnhaftigkeit des Prissianer Sonderweges. Auch die Frage, wer nun Anrecht auf das Inventar, vor allem die Instrumente der bisherigen Kapelle in Tisens habe, entzündete einen offenen Streit, mit dem sich sogar die örtlichen Carabinieri befassen mussten.
Ungeachtet der ganzen Bedenken und Vorwürfe aus dem Nachbarort war der Zusammenhalt der Prissianer stark genug und so wurde die Kapelle im September 1957 schließlich aus der Taufe gehoben. Die nun folgende Entwicklung hatte jedoch niemand erwartet: Das Konkurrenzverhältnis zeigte vor allem positive Auswirkungen. Unkenrufe, wonach eine der beiden Kapellen nicht überlebensfähig wäre, bestätigten sich Gott sei Dank nicht. Die Trennung brachte genau das Gegenteil mit sich. Beide Organisationen haben nicht nur bis heute Bestand, sondern erfreuen sich auch nicht zuletzt aufgrund ihres hohen musikalischen Niveaus landesweit allgemeiner Anerkennung. Ein großer Beweis dafür sind die zahlreichen Besucher beim jeweiligen Hauptkonzert der beiden Klangkörper: dem Frühjahrskonzert der Musikkapelle Tisens und dem Osterkonzert der Prissianer Kapelle. Die ehemalige Rivalität der beiden Vereine hat sich mittlerweile in ein solidarisches Miteinander verwandelt. Dieser positive Wandel der Zeit symbolisiert einmal mehr, wie sehr sich das einst gespannte Verhältnis der beiden Dörfer insgesamt entspannt hat. Als Gründungsobmann wurde Hermann Windegger gewählt, den Dirigentenstab übernahm Hermann Mair (Brückenwirt). Im November desselben Jahres wurde die erste gemeinsame Musikprobe abgehalten, zu Ostern 1958 war es dann endlich soweit, die Kapelle konnte zum ersten Mal einigermaßen einheitlich gekleidet auftreten (grauer Rock mit grünem Aufschlag und Hut mit einem so genannten "Waudl"). Von Anfang an war es von oberster Priorität Jugendliche des Dorfes anzuwerben, ihnen die Tätigkeit in der Musikkapelle schmackhaft zu machen und natürlich auszubilden, um den Fortbestand der Kapelle für die Zukunft absichern zu können.
Im Jahre 1960 wurde Hermann Matscher (Feldegger) Kapellmeister, sieben Jahre später, im Jahr 1967, wurde er vom damals 17-jährigen Flügelhornisten Elmar Windegger abgelöst. Als dieser 1970 zu seinem Militärdienst eingezogen wurde, trat während dieser Zeit der damalige Kapellmeister-Stellvertreter Hermann Matscher (Feldegger) an seine Stelle. Nach dem Ablauf der Dienstzeit übernahm wieder Elmar Windegger die Tätigkeit als musikalischer Leiter der Kapelle, welche er insgesamt 27 Jahre ausübte. Dank seiner zähen Ausdauer, seines Einfühlungsvermögens und seiner unerschöpflichen Liebe zur traditionellen Blasmusik brachte seine Arbeit als Kapellmeister schon bald den erhofften Erfolg. Die Vereinstätigkeit in dieser Zeit bestand aus Platzkonzerten im Dorfzentrum, aus Konzerten bei verschiedensten Wiesenfesten und öfters auf der Meraner Kurpromenade sowie das Mitwirken bei verschiedensten anderen Festlichkeiten. Auch war es für Kapellmeister Elmar Windegger immer von großer Wichtigkeit im Bereich Blasmusik modernere Wege einzuschlagen. So wurden im Laufe der Zeit auch moderne Kompositionen für Blasmusikorchester in das Repertoire der Kapelle aufgenommen. Immer wieder wurde intensiv an der Erneuerung der Musiktracht gearbeitet. So wurden 1980 Sommertrachtenhosen sowie Trachtenhemden für die gesamte Kapelle angeschafft. Auch wurden im Probelokal (im alten Prissianer Schulhaus) ständig Verbesserungsarbeiten (in den meisten Fällen in Eigenregie) durchgeführt und von Zeit zu Zeit neue Instrumente angekauft. Das Probelokal, welches bis im Jahr 2004 unter der Verwaltung der "Weger-Stiftung" stand, wurde seit der Gründung der Kapelle unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Im Jahre 2004 übernahm die Gemeindeverwaltung von Tisens die Verwaltung des Gebäudes. Ohne die Unterstützung durch Spendenbeiträge der Prissianer Dorfbevölkerung, Beiträgen von Seiten der öffentlichen Hand (Gemeinde Tisens und Land Südtirol) und durch Einnahmen aus verschiedensten größeren und kleineren Veranstaltungen im Dorf hätte man die enormen Kosten niemals bewältigen können.
Zum 25-sten Gründungsjubiläum im Jahre 1982 wurde die neue Vereinsfahne angekauft. Beim zweitätigen Jubiläumsfest Mitte Juni 1982 wurde die Fahne geweiht. Die Patenschaft übernahm Marianne Windegger geb. Rösch und Martha Holzner geb. Obermarzoner. Anfangs bereitete die Gestaltung der Musikfahne einiges an Kopfzerbrechen. Da Prissian kein eigenes Dorfwappen besitzt, musste man darangehen, ein solches zu entwerfen. Das Burgendorf Prissian, wie es in verschiedenen literarischen Werken immer wieder beschrieben wird ist reich an Schlössern, Burgen und Ansitzen, wie kaum eine andere Gegend in unserem Land. Es war also nahe liegend das Fahnenemblem aus diesem Bereich zu entnehmen. So zieren seit 1982 die vier Prissianer Burgen (Wehrburg, Fahlburg, Katzenzungen und Zwingenburg) das Emblem der Musikkapelle. Ein schwieriges Unterfangen war es, die vier historischen Baulichkeiten auf die Fahne zu bringen bzw. diese vier Bauten in ein einziges Emblem zu verschmelzen. Von äußerster Wichtigkeit war es, dass jedes der vier historischen Bauten seine charakteristischen Merkmale unverkennbar beibehält. Mit dieser heiklen und vor allem anspruchsvollen Aufgabe wurde der aus Unterinn am Ritten stammende Künstler R.M. Complojer betraut, welcher das Problem vortrefflich gelöst hat. Zur Beschreibung der Vereinsfahne meldete sich der Künstler in der anlässlich der 25-Jahr Feier erschienenen Festbroschüre: "Die Maße der neuen Vereinsfahne der Musikkapelle Prissian sind: 180 cm hoch und 140 cm breit. Mit stehender Fahnenstange und Knauf ist sie 320 cm hoch. Das zur Ausarbeitung verwendete Material ist reine Seide als Grundfläche und Goldbrokatstoffe als applizierte Flächen. Die Motive selbst sowie Symbole, Ornamente und Schriften sind Maschinen- und Handstickereien. Die Fahnenstange (rot-weiß) ist halbiert und auf 180 Grad überleimt, um Verformung durch Nässe zu vermeiden. Zur Fahne selbst: sie ist doppelseitig, das heißt, sie hat auf beiden Seiten ein anderes Motiv. Die Vorderseite ist asymmetrisch rot-weiß geviertelt. In der optischen Mitte harmonisch in Form und Farbe das Hauptmotiv: die vier wichtigen Schlösser von Prissian. Die Rückseite der Fahne ergibt sich durch die geviertelte Vorderseite. In der optischen Mitte das stilisierte Symbol der Musikkapellen, die "Lyra" (in Gold). Die Randornamente sind einem Fresko dieser Gegend entnommen." Angefertigt wurde die Fahne von der bekannten Firma Hofer aus Bozen. Raimund Bachmann (Waldheim) übernahm 1982 die wichtige Aufgabe des Fähnrichs, welche er bis heute mit viel Fleiß und Einsatz bekleidet.
Im Jahre 1986 wurde Gründungsobmann Hermann Windegger von Albert Holzner abgelöst. Im Laufe seiner elfjährigen Amtszeit als Obmann fasste die Musikkapelle den Plan, die historische "Tisner Ortstracht" (diese wurde bis um circa 1840 im Tisner Mittelgebirge getragen) anzuschaffen. Unter seiner Federführung musste die Kapelle die vielen finanziellen Hürden überwinden, um die Trachten anschaffen zu können. Die enormen Kosten für diese Neuanschaffung konnten dann mit Hilfe von Beiträgen der öffentlichen Hand getilgt werden. Die erste offizielle Vorstellung der Tracht fand anlässlich der 35-Jahr Feier im Jahre 1992 im Vereinhaus "Kanonikus Michael Gamper" in Prissian statt. Seit dieser Zeit tragen die Musikanten und Musikantinnen als einziger kultureller Verein im Gemeindegebiet von Tisens diese Tracht. 1994 gab Elmar Windegger schließlich den Taktstock an seinen Nachfolger Martin Egger weiter. Dieser führt seither mit Erfolg die von seinem Vorgänger vorbildlich aufgebaute Kapelle weiter. Auch ihm ist es ein großes Anliegen, die Jugend im Dorf für die Musik zu motivieren, was ihm, in Zusammenarbeit mit den Jugendleitern, vorzüglich gelingt. Vier Jahre später, nämlich im Jahre 1998 legte auch Albert Holzner seine Tätigkeit als Obmann nieder. Joachim Mair (Handlung Mair) übernahm 1998 die Führung der 40 Mann/Frau starken Musikkapelle, die ihren musikalischen Leistungen gemäß in der Oberstufe einzuordnen ist. In seiner siebenjährigen Amtszeit wurde die nötige Neuerrichtung bzw. Umstrukturierung des Musikprobelokals und der Bau eines Pavillons im Dorfzentrum (altes Schulhaus) vorangetrieben. Beides konnte im Jahr 2004 zur Zufriedenheit abgeschlossen und bezogen werden. Im April 2005 legte Joachim Mair aus Arbeits- und familiären Gründen seine Tätigkeit als Obmann nieder. In seine Fußstapfen trat der Klarinettist Florian Windegger (Birkenheim), welcher bisher das Amt des Schriftführers bekleidete. Dieses Amt übernahm bis zu den nächsten periodischen Neuwahlen Kapellmeister-Stellvertreter Elmar Windegger.
Ein Vereinsjahr erstreckt sich von Anfang November (in der Regel Erntedanksonntag) bis Mitte September des darauf folgenden Jahres, also bis zur Obsternte. Da ein Großteil der Musikanten und Musikantinnen zwischen September und November bei der Obsternte tätig sind, wären Proben und Auftritte in dieser Zeit eine zusätzliche Belastung für alle. Ausgenommen sind in dieser Zeit natürlich nicht vorhersehrbare bzw. planbare Auftritte wie Beerdigungen, Hochzeiten und andere Begebenheiten. Höhepunkte im Musikjahr sind neben dem traditionellen Osterkonzert der Gedenktag des Hl. Martin von Tours (Martini - Prissner Kirchtag am 11. November), seines Zeichens Schutzpatron der kleinen Ortskirche von Prissian und das Fest der Musikpatronin, der Heiligen Cäcilia, Ende November. Auch im Sommer wird für circa einen Monat die Tätigkeit niedergelegt. Das traditionelle Osterkonzert am jeweiligen Ostersonntag um 16:30 Uhr im Vereinshaus "Kanonikus Michael Gamper" stellt wie bereits erwähnt alljährlich den musikalischen Höhepunkt der Musikkapelle dar, bei dem die harte und viel Ausdauer erforderliche Probenarbeit über den ganzen Winter hindurch belohnt wird. Im Laufe des Sommers bis zum Herbst finden im Vereinshaus bzw. seit dem letzten Jahr [2004] im neu errichteten Musikpavillon im Dorfzentrum Abendkonzerte für Einheimische und Gäste statt. Der Tourismusverein Prissian nützt diese Konzerte um Ehrungen langjähriger Gäste durchzuführen. Bei dieser Gelegenheit möchte die Musikkapelle einmal mehr die gute und vorbildliche Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein Prissian hervorheben. Am Heilig Abend erfreuen die Weisen einer Bläsergruppe der Musikkapelle die Dorfbewohner und tragen somit wesentlich zur weihnachtlichen Stimmung bei. Wie in vielen anderen Dörfern ist auch das traditionelle Neujahr-Anspielen ein fester Termin im Kalender der Musikkapelle von Prissian. Die Kapelle teilt sich in zwei Gruppen und schafft es somit das gesamte Gebiet(Prissian und Grissian) in einem Tag zu besuchen. An diesem Tag spielt jede der beiden Gruppen zwischen 70 und 80 Märsche. Zu den Konzerten im Dorf kommen noch einige andere Veranstaltungen (traditionelles "Prissner Gasslfest", Musikball "Ball ohne Krawall" usw.) sowie einige Konzertauftritte außerhalb der Gemeinde. Bei kirchlichen Festlichkeiten im Hauptort Tisens wechseln sich die Musikkapellen Prissian und Tisens (z.B. die Erstkommunion spielt die MK Prissian und zu Fronleichnam spielt die MK Tisens) mit Ausnahme bei der Erntedankprozession (da wirken beide Kapellen gemeinsam mit) und beim "Tisner Kirchtag" am 15. August (zum größten Teil nur die Musikkapelle Tisens) ab. Öfters nahm die Kapelle auch bei verschiedensten Wertungsspielen und Marschmusikbewerben in Südtirol mit großem Erfolg teil. Der Besuch bei Karl Moiks weltbekannter Sendung "Musikantenstadl" (ORF) im Juni 2002 in der Eiswelle in Bozen und mehrere Konzertauftritte bei verschiedenen Auslandsbesuchen (einige Deutschlandbesuche, z.B. in Obersimonswald, Missen im Allgäu, Wörgl, München, Nenndingen bei Tuttlingen, Neuhausen bei Stuttgart, Betzingen bei Reutlingen) waren die Höhepunkte in der fast fünfzigjährigen Vereinsgeschichte. Bei all den Auslandsbesuchen wurde die Musikkapelle stets mit viel Beifall bedacht und hat dadurch auch viel zur Fremdenverkehrswerbung für das Dorf Prissian beigetragen. Auch konnten immer wieder freundschaftliche Beziehungen zu anderen Blasmusikformationen geknüpft werden. Diese bestehen teilweise bis heute.
Kontakt:
Obmann Florian Windegger
Nörderstraße 1/4
I-39020 Marling
Mobil: 0039-3387609767
Email: Musikkapelle.Prissian@gmx.net