Musikkapelle

Eine Kapelle im Wandel der Zeit

Die Musikkapelle Truden wurde im Jahr 1840 gegründet, was Aufzeichnungen des damaligen Dorflehrers Franz Egarter in seinem Tagebuch bestätigen. Das Fehlen einer systematisch geführten Chronik erlaubt nur Vermutungen über die Zeit zwischen 1840 und 1881. Es mochte die Zeit sein, als in Tirol die bürgerliche Blasmusikkultur boomte; in Truden allerdings dürfte es zu dieser Zeit puritanisch zugegangen sein. Etwas Licht ins geschichtliche Dunkel jener Zeit bringt Georg Dahlke 1876 mit seinem Aufsatz "Truden in Wäschtirol". So lässt er den Oberwirt erzählen:

"Früher hatte die Gemeinde Instrumente - darunter ein Helicon für 140 Gulden - angeschafft, die Söhne wohlhabender Bauern waren dem Musikverein beigetreten und wenn alle fünfundzwanzig Burschen unter den Linden zusammenkamen, lauschten Männer und Frauen, Alt und Jung, ihrem Spiel. [...]"

Die erste schriftliche Nachricht über die Existenz einer örtlichen Musikkapelle im Gemeindearchiv Truden findet sich im Protokoll der Gemeindeausschusssitzung vom 26. Dezember 1881. Aus der Ausschusssitzung vom 8. September 1888 kann in Erfahrung gebracht werden, dass der Dorflehrer Franz Egarter den Musikanten ein Schulzimmer zum Proben bereitzustellen hatte, "jederzeit, wenn nicht Schule ist". Weiter ist bekannt, dass die Musikkapelle im selben Jahr stattliche 19 Mann zählte. Ein wichtiges Wesensmerkmal der Musikkapellen jener Zeit aber war ihre enge Bindung ans kirchliche Leben, was sich in der Teilnahme an den Prozessionen und anderen Anlässen spiegelt. Wichtige Säulen für die musikalische Ausbildung der Kapellen waren in jener Zeit die Dorflehrer, die sehr häufig auch als Chorleiter und Organisten fungierten.

Die Musikkapelle Truden muss in der Folge recht ansprechende Leistungen erbracht haben, wie anlässlich der Feier zum 82. Geburtstag des Kaisers am 18. August 1912 in einer Nachricht im Tiroler Notizblatt zu lesen ist: "Es gebührt den wackern Musikern großes Lob für ihre Leistungen und ganz besonders ihrem Kapellmeister, Schulleiter Turrini, der sie durch seine stramme Schulung so weit gebracht hat, daß die Trudner Musiker neben jeder anderen mit Erfolg auf den Plan treten können."

Doch schon bald dräuten am Horizont düstere Wolken. Der Erste Weltkrieg brach aus. Nach einem zögerlichen Neubeginn am Ende des Krieges kamen die neuen Machthaber, die dem Südtiroler Vereinsleben nichts Gutes abgewinnen konnten. Die Trudner Musikkapelle wurde anfangs nicht aufgelöst, musste aber 1935 zwangsweise der Opera Nazionale Dopolavoro beitreten, um weiter bestehen zu können und auch ihr Repertoire umstellen, das sich bis dahin aus Walzern, Polkas und Operettenbearbeitungen zusammengesetzt hatte. Die Hüte mit weißer Hahnenfeder wichen Schirmmützen, auf deren Frontseite sich ein ovales Messingschildchen mit Lyra befand.

Aufgrund des zunehmenden politischen Drucks wurde die Kapelle bald ganz aufgelöst und das alte Brauchtum erlosch. 1947 wurde mit den aus dem Krieg zurückgekehrten Musikanten eine neue Kapelle aufgebaut. Josef Gabrielli, der bereits vor dem Kriege langjähriger Kapellmeister gewesen war, gab auch hier neue Impulse. Nach ihm übernahm Kapellmeister Mario Antoniazzi aus Cavalese das Dirigentenpult bis 1955, worauf Erminio Deflorian aus Tesero folgte und auf ihn der südtirolweit bekannte Komponist und Kapellmeister Sepp Thaler, welcher seine Wurzeln in Truden wusste. 1957 begann für die Musikkapelle ein neues Zeitalter. Der junge, talentierte und am Bozner Konservatorium ausgebildete Trudner Hansjörg Finatzer trat ans Dirigentenpult und sollte die Kapelle bis 1984 leiten.
1960 konnte man sich, mit Unterstützung der Gemeinde, endlich auch eine lang ersehnte Tracht zulegen: lange schwarze Lodenhosen, ein schwarzes kurzes Trachtenjäckchen, ein weißes Hemd mit einer rotbunten Seidenkrawatte und breite, grüne Hosenträger. Den Kopf zierte ein schwarzer, breitkrempiger Hut mit abgeflachter Spitze und einer doppelten, gelben Quaste.

Zwischen 1974 bis 1985 verzeichnet die Kapelle eine rege Reisetätigkeit nach Deutschland und Österreich. Angeführt seien die Fahrten nach Stockheim, Kleingartach, nach Langenegg in Vorarlberg, Waldhausen in Oberösterreich, die Werbefahrt im Auftrag der Unterlandler Verkehrsvereine nach Mannheim, wo man mit den Eckrichchören, dem Chor Monti Pallidi aus Leifers und anderen im großen Musiksaal des Kongresshauses in Mannheim und in der Karl-Diem-Halle in Ludwigshafen konzertierte. Natürlich blieben diese Begegnungen nicht einseitig. Ein lebendiger und fruchtbarer Austausch konnte die Gemeinschaft der Musikanten nur fördern und die Freude am gemeinsamen Musizieren beleben. Mitte der Achziger Jahre musste man dann wegen des Austritts von relativ vielen Altmusikanten mit den Auslandsfahrten etwas kürzer treten und sich ab nun intensiv der Ausbildung des Musikantennachwuchses widmen.

Die Großzügigkeit vieler Spender, auch jene der Fahnenpatin, Hildegard Pichler Franzelin, ermöglichte 1982 die Anschaffung einer Vereinsfahne. Für die eine Seite hatte Kurt Mitterdorfer aus Klobenstein die Lyra und den stilisierten Trudner Kirchturm entworfen, auf der Rückseite findet sich das Wappen der Gemeinde Truden.

1984 trat Hansjörg Finatzer aus Gesundheitsgründen zurück. Natürlich ließ sich der Abgang eines Kapellmeisters, zudem eines so vorzüglichen, wie es Finatzer gewesen war, nicht von einem Tag auf den anderen beheben. Zwar nahmen zuerst Erwin Kramer sowie später Hermann Kalser vorübergehend seine Stelle ein, doch viele Musikanten verließen den Klangkörper, lediglich zwölf verblieben. Ein Dreier-Komitee, dem Ulrich Franzelin, Karlheinz Pernter und Josef Stuppner angehörten, suchte nach einer Lösung um die Musikkapelle wieder auf Vordermann zu bringen. In der Person eines noch jungen Musikers der Musikkapelle Bozen, Dieter Bonelli, konnte der richtige Mann gefunden werden. In kurzer Zeit brachte er die Kapelle auf ein beachtliches musikalisches Niveau: von der Unterstufe in die gehobene Mittelstufe, 45 Mann zählte man nun.

Die Musikproben hatten früher in einem kahlen, zugigen, nur mit einem Holzofen beheizbaren Parterreraum der "Alten Mühle" stattfinden müssen, ein mit der Zeit unhaltbarer Zustand. Nach einigen Diskussionen schließlich begann 1993 der Ausbau eines Lagerschuppens, in der Nähe der Grundschule gelegen, zu einem neuen Probelokal. Ein weiterer großer Wunsch sollte der Kapelle mit der Anschaffung der sogenannten historischen Tracht erfüllt werden. Bereits 1989 hatte der damalige Obmann Karlheinz Pernter mit Trachtenfachmann H. Rizzolli in Bozen die Möglichkeiten erörtert, die historische Unterlandler Tracht einzuführen. Nachdem das Thema wegen der hohen Anschaffungskosten dann für mehrere Jahre auf Eis gelegt wurde, konnte sich die Kapelle 1997 stolz mit der neuen Tracht zeigen.
Nach mehreren Wechseln am Dirigentenpult übernahm 1998 Manfred Sanin aus Margreid für fast zehn Jahre die Kapelle. Mit ihm konnte ein junger, dynamischer Lehrmeister engagiert werden, der das Niveau der Musikkapelle ständig verbesserte.

Im Sommer des Jahres 2007 musste die Musikkapelle eine schwierige Hürde nehmen, da im Mai desselben Jahres der gesamte Ausschuss zurückgetreten war. Mit viel Einsatz gelang es einigen Jungmusikanten, um den derzeitigen Obmann David Franzelin, den Fortbestand der Kapelle zu sichern. Für ein Jahr übernahm Stephan Hanspeter das Dirigentenpult. Seit Oktober 2008 steht an diesem der Kapellmeister Andrea Loss aus Arco, welcher mit viel Einsatz und Können sowohl jung- als auch älter gediente Musikanten begeistert.

Zurzeit zählt die Kapelle 38 Musikanten, die ihren Verpflichtungen im Dorfleben so gut als möglich nachzukommen versuchen. Höhepunkt des Musikjahres stellte früher das Frühlingskonzert dar, welches 2008 vom Kirchtagskonzert zu Ehren des Hl. Blasius abgelöst wurde und Anfang Februar über die Bühne geht.


Kontakt:
Obmann David Franzelin
Pichalaweg 24
39040 Truden
E-Mail: musikkapelle.truden@yahoo.de
HP: www.mk-truden.com


[Für die Zusammenstellung des Textes diente größtenteils das Trudner Dorfbuch, dessen Urheberrechte die Gemeinde Truden innehat.]